Berufsorientierung Mit Abitur ins Handwerk – warum nicht?

Das Handwerk mit seinen 130 Berufen bietet viele Chancen und vor allem die Möglichkeit, sich in Rekordzeit weiterzuentwickeln. Auch die ausbildenden Betriebe freuen sich über Bewerber mit Abitur. Deswegen setzt die Handwerkskammer Halle auch auf Berufsorientierung an Gymnasien.

Nach einer landesweit ersten, speziell auf künftige Abiturienten ausgerichteten handwerklichen Berufsmesse am Gropius-Gymnasium in Dessau-Roßlau im vergangenen Jahr organisierte die Kammer nun eine Messe am Gymnasium Landsberg. An verschiedenen Ständen konnten die Jungen und Mädchen der 8. bis 10. Klassen des Gymnasiums und der 9. Klassen der benachbarten Sekundarschule sich einen ersten Eindruck von Handwerksberufen verschaffen und auch selbst ihre Geschicklichkeit austesten.

Oft falsche Vorstellungen von Handwerksberufen

Das Interesse der Schüler war groß, doch im Gespräch mit den Betrieben vor Ort zeigte sich, dass Wissen und Vorstellung über Berufe oft an der Realität vorbeigehen. „Viele denken, in unserem Beruf geht es nur ums Malern. Sie sind überrascht, wenn wir ihnen berichten, dass wir beispielsweise auch Böden verlegen und dass generell auch Trockenbau zum Beruf gehört“, sagte Alexander Dorber, Malermeister und Unternehmer aus Leuna.

Das gleiche wusste Robert Röhrig von der Landesinnung der Gebäudedienstleister zu berichten, der an diesem Tag für den Beruf des Gebäudereinigers warb. „Die Schüler denken natürlich sofort, dass man nur reinigt, aber das ist natürlich nicht so.“

Im Gespräch mit ihm erfuhren die Jungen und Mädchen dann, dass auch die Grünflächenpflege ein Teil des Jobs ist, dass dort und in vielen anderen Bereichen auch Maschinen zum Einsatz kommen und dass inzwischen auch der Umgang mit Lampen und Elektronik Teil des Berufes ist. Die Innung hatte einen Fahrsteiger mitgebracht, der den Schülern einen Blick über das gesamte Schulgelände ermöglichte.

„Wer nicht wirbt, der wird niemanden finden“, erläutert Thomas Keindorf,  Präsident der Handwerkskammer Halle. „Mit Abitur kann die Ausbildungszeit verkürzt werden. Und wer ein technisches Studium beginnt, hat mit einer Lehre zuvor faktisch den halben Bachelor schon in der Tasche“.

Wer nicht wirbt, der wird niemanden finden.

Thomas Keindorf,  Präsident der Handwerkskammer Halle

Diesen Ansatz verfolgte auch die SHKO-Innung, die von einem namhaften Gerätehersteller eigens für den Schulbesuch einen Anhänger mit Wallbox, Wärmepumpe und modernsten Heizgeräten besorgt hatte. „Unser Beruf hat viel Modernes zu bieten. Ich mache den Schülern deutlich, dass ohne das Handwerk keine Energiewende stattfinden wird“, so Lothar Dieringer, Inhaber eines SHK-Unternehmens. Er warb für eine Ausbildung als Anlagenmechniker für Sanitär-, Heizung-, Klimatechnik. Was man dazu mitbringen müsse, fragte eine Neuntklässlerin. „Wichtig ist, dass ihr einen Schulabschluss habt und euch für Technik interessiert“, antwortete Lothar Dieringer.

Am Stand der Handwerkskammer konnte frisiert werden, es konnten Häusermodelle berechnet und gebaut werden, es wurde genagelt und geschraubt. Ausbildungsberaterin Denise Sehm-Stegemann, Schoolworker Dirk Skarus sowie die Ausbilder Kay Franz und Thomas Müller stellten verschiedene Handwerksberufe mit kleinen praktischen Übungen vor und warben für eine Ausbildung.