Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung per Online-Diagnose?

Escapetaste auf der Tastatur
Escapetaste auf der Tastatur. Foto: Viktor Hanacek

Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 1. April 2021 (Az.: 42 Ca 16289/20) entschieden, dass ein über den Online-Dienst „www.au-schein.de“ ausgestelltes Attest ohne vorherige ärztliche Untersuchung nicht für den Beweis der Arbeitsunfähigkeit geeignet ist.

Der Online-Dienst ermöglicht gegen Zahlung einer Gebühr den Erhalt einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als PDF ausschließlich im Wege der Fernbehandlung nach Beantwortung einiger Fragen zum Gesundheitszustand für zahlreiche Krankheitsbilder (wie Erkältungskrankheiten, Magen-Darm-Infekt, „Stress“, Rückenschmerzen, etc.). Der betroffene Arbeitnehmer hatte seinem Arbeitgeber mehrfach Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt, die von einer in Hamburg ansässigen Gynäkologin ausgestellt worden waren. Die Ärztin stellte die Bescheinigungen anhand der vom Kläger online auf der Internetseite „www.au-schein.de“ gemachten Angaben aus. Dort können Nutzer zwischen Grunderkrankungen auswählen und müssen im Anschluss vorformulierte Fragen beantworten, wobei vorgegebene Antwortmöglichkeiten und Symptome zur Auswahl angeboten werden. Die ärztliche Anamnese beruht im Regelfall auf diesen Angaben. Zwischen der Ärztin und dem Arbeitnehmer hatte weder ein persönlicher noch ein telefonischer Kontakt stattgefunden.

Der Arbeitgeber hat – zurecht, wie das Gericht befand – gegenüber dem Arbeitnehmer die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verweigert, da der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit nicht nachgewiesen habe.

Dipl.-Jurist Andreas Dolge
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