Coronakrise stürzt mitteldeutsche Wirtschaft in Stimmungstief

Kristian Kirpal (l.), Präsident der IHK zu Leipzig, und Thomas Keindorf, Präsident der Handwerkskammer Halle, stellten die aktuellen Zahlen für den Wirtschaftsstandort Mitteldeutschland vor.
Kristian Kirpal (l.), Präsident der IHK zu Leipzig, und Thomas Keindorf, Präsident der Handwerkskammer Halle, stellten die aktuellen Zahlen für den Wirtschaftsstandort Mitteldeutschland vor.

Die Auswirkungen der Corona-Eindämmungsmaßnahmen rufen in Mitteldeutschland eine branchenübergreifende Wirtschaftskrise hervor. Das zeigen die Ergebnisse der gemeinsamen Konjunkturumfrage von Handwerkskammern sowie Industrie- und Handelskammern (IHK) aus Leipzig und Halle (Saale), die insgesamt 145.000 Unternehmen in der Region vertreten. Thomas Keindorf, Präsident der Handwerkskammer Halle (Saale), und Kristian Kirpal, Präsident der IHK zu Leipzig, stellten die Ergebnisse am Mittwoch in Halle (Saale) vor und berichteten von einer Trendwende: Deutete sich schon vor der Pandemie eine gedämpftere, aber immer noch positive Konjunkturentwicklung an, hat der über Jahre hinweg anhaltende Wachstumsprozess des mitteldeutschen Wirtschaftsraumes nunmehr ein abruptes Ende gefunden.

Niedrigster Wert seit 2005

Der Konjunkturklimaindex für die mitteldeutsche Wirtschaft sinkt von sehr guten 83 Punkten im Frühjahr 2019 auf aktuell -20 Punkte, den niedrigsten Wert seit 2005. Die konjunkturelle Entwicklung vollzieht in allen Wirtschaftsbereichen eine deutliche Abwärtsbewegung. Während die mitteldeutschen Unternehmen noch bis Februar 2020 eine freundliche Konjunktureinschätzung gaben, hat sich die Situation seitdem völlig verändert. Der über Jahre anhaltende Wachstumsprozess des mitteldeutschen Wirtschaftsraumes hat damit ein abruptes Ende gefunden.

Alle Branchen – mit Ausnahme der Bauwirtschaft – melden nunmehr einen Lageindikator nahe der Nulllinie und stark einbrechende Geschäftserwartungen. „Wir erwarten für 2020 sehr deutliche Umsatzeinbußen, und in der Folge auch rückläufige Beschäftigung in unseren Unternehmen“, sagte Handwerkskammerpräsident Thomas Keindorf.

IHK-Präsident Kristian Kirpal: „Im Sturzflug ist die Stimmung der regionalen Unternehmen sogar unter den Tiefststand der Wirtschafts- und Finanzkrise von vor elf Jahren zurück gefallen. Für viele Unternehmen ist die Situation längst existenzbedrohend. Eine schwere Rezession ist nicht mehr abzuwenden.“   Die Kammerpräsidenten verweisen auf die Langfristfolgen der weltweiten Coronakrise und fordern Hemmnisse und Erschwernisse für Unternehmen auf den Prüfstand zu stellen sowie weitere Kostenbelastungen unbedingt zu vermeiden.

„Die Politik sollte jetzt Konjunkturimpulse insbesondere im Investitionsbereich setzen, um schnell wieder aus der Rezession herauszufinden. Gleichzeitig müssen zusätzliche Steuer- und Abgabenlasten für Unternehmen auf lange Sicht ausgeschlossen werden, um eine schnelle Erholung der Wirtschaft nicht abzuwürgen“, betonte IHK-Präsident Kirpal. „Ein deutliches Signal würde zudem eine Deckelung der Steuerbelastung von Unternehmen bei 25 Prozent im Zuge einer großen und überfälligen Unternehmenssteuerreform setzen.“

Berufsausbildung gerade in der Krise nicht vernachlässigen

Handwerkskammerpräsident Keindorf forderte, der Berufsausbildung gerade in Krisenzeiten eine hohe Priorität einzuräumen. „Der Ausbildungsjahrgang 2020 darf nicht verlorengehen. Wir befürworten deshalb ausdrücklich die vorgesehenen finanziellen Hilfen für ausbildende Betriebe. Eine baldige Rückkehr zur Normalität bei Schulen und Ausbildung bleibt aber alternativlos.“ Die mitteldeutschen Kammern unterstützen die Landesregierungen in Sachsen und Sachsen-Anhalt bei allen Maßnahmen für eine langfristig erfolgreiche Fachkräftestrategie für den mitteldeutschen Wirtschaftsraum, erklärte Keindorf.

Die beiden Präsidenten mahnen die Gestaltung von wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen an, unter denen sich die Unternehmen in Mitteldeutschland weiterentwickeln können und die Region für Investoren attraktiv bleibt. Die Coronakrise dürfe den Blick jetzt nicht verengen. Die Belastungen aus der Energiewende müssten begrenzt und der Strukturwandel der mitteldeutschen Kohleregion vorangebracht werden.

Wirtschaftsstandort Mitteldeutschland
Wirtschaftsstandort Mitteldeutschland

Zur Methodik

Für den mitteldeutschen Konjunkturbericht befragen die vier gewerblichen Kammern im Großraum Leipzig-Halle-Dessau mehrmals im Jahr eine repräsentative Stichprobe ihrer Mitgliedsunternehmen. Regelmäßig nehmen etwa 1.600 Betriebe aus den verschiedenen Branchen an dieser Befragung teil. Diese geben dabei unter anderem an, wie sie ihre aktuelle Geschäftslage bewerten und welche Entwicklung sie künftig erwarten. Die Umfragedaten aus den verschiedenen Branchen werden gewichtet und ausgewertet. Sowohl die Befragung als auch die Auswertung der Ergebnisse erfolgt nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden.