Coronakrise: Vergaberechtliche Erleichterungen beschlossen

Wie das Wirtschaftsministerium des Landes Sachsen-Anhalt mitteilt, sollen die Vergabeverfahren vereinfacht werden, um die Beschaffung von Leistungen, die zur Eindämmung des Coronavirus‘ dienen, zu beschleunigen.

Vergabestellen sollen im Einzelfall zu prüfen, ob die Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung oder durch freihändige Vergabe erfolgen kann.

Aus dem Rundschreiben des Wirtschaftsministeriums:

Verfahren oberhalb der EU-Schwellenwerte (EU-Verfahren)

Für öffentliche Aufträge ab Erreichen der EU-Schwellenwerte nach § 106 GWB hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) am 19. März 2020 ein entsprechendes Rundschreiben erlassen. Dieses Rundschreiben gilt unmittelbar. (und steht zum Download bereit)

Geltungsbereich unterhalb der Schwellenwerte der europäischen Union

Das BMWi-Schreiben vom 19. März 2020 nimmt ebenso Bezug auf die Vergaben unterhalb der Schwellenwerte der europäischen Union. Dies gilt jedoch nicht für Beschaffungen in Sachsen-Anhalt, da die Unterschwellenvergabeordnung bisher nicht eingeführt wurde.

Allerdings liegt der Ausnahmetatbestand der „besonderen“ Dringlichkeit angesichts der Coronapandemie für eine freihändige Vergabe nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 VOB/A und § 3 Abs. 5 Buchst, g) VOL/A vor, so dass vom Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung abgewichen werden kann.

Die „besondere“ Dringlichkeit ist gegeben, wenn sich aus einer nicht vorher erkennbaren Lage heraus die Notwendigkeit der unverzüglichen Leistungserbringung ergibt, um aufgrund eines unvorhersehbaren Ereignisses entstandene Schäden zu beseitigen oder weitergehende Schäden an bedeutenden Rechtsgütern zu verhindern.

Bei der Durchführung der Freihändigen Vergabe bzw. des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung sind die vergaberechtlichen Grundsätze der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und des Wettbewerbs nicht außer Kraft gesetzt. Bei einer Freihändigen Vergabe fordert der Auftraggeber grundsätzlich mehrere (mind. 3) Unternehmen unmittelbar zur Angebotsabgabe auf. Dabei sind angemessene Fristen zu setzen, die in Anbetracht der Gesamtumstände aber sehr kurz ausfallen können. In begründeten Fällen der besonderen Dringlichkeit kann auch nur ein Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert werden, sofern die Gründe für die besondere Dringlichkeit nicht dem Auftraggeber zuzurechnen sind und der Wert der zu schützenden Güter dies erfordert. Diese Voraussetzung dürfte im Fall von Beschaffungen, die zur Eindämmung und Bewältigung der Corona-Epidemie kurzfristig erforderlich sind, regelmäßig gegeben sein. Die Aufträge sind auch bei Anwendung dieser Verfahren an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen zu vergeben.

Anwendung der Regelungen bei Zuwendungsmaßnahmen

Die vorgenannten Regelungen gelten gleichermaßen für Zuwendungsempfänger, die die VOB/A und VOL/A nach den zuwendungsrechtlichen Bestimmungen und Festlegungen anzuwenden haben.

Inkrafttreten und Geltungsdauer

Das Rundschreiben tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft und gilt zunächst bis zum 30. April 2020.