Energiepreise Energiegipfel in Staatskanzlei

Angesichts einer möglichen Energiemangellage im Winterhalbjahr ist Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff am 16. August 2022 in der Staatskanzlei mit Vertretern von energieintensiven Unternehmen, Wirtschaftsverbänden, Handwerks- sowie Industrie- und Handelskammern, Chemie- und Industrieparks, kommunalen Spitzenverbänden, der Bundesnetzagentur, dem Bundeswirtschaftsministerium sowie der Landesregierung zusammengekommen, um ein Lagebild zu erhalten und Lösungswege zu erörtern.

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„Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt wird gemeinsam mit dem Bund alles daran setzen, um für die Menschen in unserem Land, für die Wirtschaft und die Kommunen eine sichere und finanzierbare Energieversorgung zu gewährleisten. Wir sehen insbesondere den Bund in der Pflicht jetzt durch Liquiditätshilfen, Bürgschaftsprogramme, Steuerentlastungen und Zuschüsse für besonders betroffene Unternehmen unbürokratisch und schnell dort zu helfen, wo Hilfe notwendig ist“, so der Ministerpräsident im Anschluss an den Gipfel.

Energieminister Prof. Dr. Armin Willingmann erklärte: „Die Energiekrise stellt Haushalte und Unternehmen in Sachsen-Anhalt vor große Herausforderungen; das ist auch beim heutigen Energie-Gipfel erneut deutlich geworden. Wir werden deshalb weiterhin einen engen Austausch mit den Unternehmen, Kammern, Verbänden und Gewerkschaften anstreben, um gemeinsam diese Krise zu bewältigen. Auch wenn die Befüllung der Gasspeicher bei uns im Lande wie auch bundesweit gut vorangeht wird es in den kommenden Wochen weiterhin darum gehen, so viel Energie – und insbesondere Gas – wie möglich einzusparen. Die Landesregierung wird deshalb weiter beim Bund für notwendige Hilfsprogramme eintreten, um existenzgefährdende Situationen für Unternehmen ebenso wie unzumutbare Härten für Verbraucherinnen und Verbraucher abzufedern. Zudem unterstützen wir Unternehmen im Lande beim sogenannten Fuel-Switch. Es gibt bereits zahlreiche Unternehmen, die ihre Energieversorgung von Erdgas auf Heizöl oder Flüssiggas umstellen oder dies kurzfristig wollen. Entsprechende Anträge müssen daher zügig genehmigt, bestehende Hindernisse ausgeräumt werden. Auch dies sind wichtige Schritte, um unabhängig von Gas-Import aus Russland zu werden. Jetzt ist Pragmatismus gefragt, auch um den sozialen Frieden zu wahren.“

Wirtschaftsminister Sven Schulze betonte: „Unsere Industrie in Sachsen-Anhalt ist sehr energieintensiv. Tausende Arbeitsplätze sind davon abhängig, dass ausreichend Energie zur Verfügung steht. Im Falle einer Gasnotlage müssen Verteilungs- und Rationierungspläne auch von der Länderebene mitgetragen werden. Aufgabe des Bundes ist es jetzt, Großbetrieben genauso wie Mittelständlern und Kleinunternehmern die nötige Sicherheit zu geben.“

Das Land hat zugesichert, Maßnahmen von Unternehmen zur Sicherung der Energieversorgung unbürokratisch zu begleiten. Wie andere Teilnehmer des Gipfels hat sich auch das Land dazu bekannt, im eigenen Wirkungsbereich Einsparmöglichkeiten im Energiebereich zu definieren und im Rahmen der technischen Machbarkeit umzusetzen.

Sollte die Bundesregierung die dritte und letzte Stufe des Notfallplans Gas ausrufen, erwartet die Landesregierung eine frühzeitige Information über Verfahren, Kriterien und Zeitabläufe der Verteilungsentscheidungen. Das Land hat darauf verwiesen, dass viele energieintensive Unternehmen in Sachsen-Anhalt, insbesondere auch im Bereich der stofflichen Nutzung von Erdgas von hoher Bedeutung für die Gesamtwirtschaft sind.

Die Landesregierung ist gegenwärtig dabei, besonders vulnerable Bereiche z. B. in der Wirtschaft oder auf sozialem Gebiet zu definieren und Handlungsempfehlungen zu erarbeiten, die eine Versorgung dieser Bereiche auch im Fall einer Energiemangellage gewährleisten sollen.

In der Landesverwaltung werden derzeit Vorschläge zur Energieeinsparung erarbeitet, die zeitnah umgesetzt werden sollen. Darüber wird das Kabinett am 30. August entscheiden. Dazu zählen z. B. zeitweise Schließungen von Behördenstandorten, Absenkungen der Raumtemperatur, eine sparsamere Nutzung von Dienst-Kfz und die Umrüstung auf sparsamere Leuchtmittel. Nicht in der Diskussion ist z. B. die Schließung von KiTas.

Erklärung der Landesregierung zum Spitzengespräch mit Vertreterinnen und Vertretern von Kommunen, der Wirtschaft und wirtschaftsnaher Institutionen in Vorbereitung auf eine mögliche Energiemangellage am 16. August 2022

Mit seinem völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine hat Russland den Pfad der friedlichen Zusammenarbeit in Europa verlassen und damit ein über Jahrzehnte auch in Zeiten globaler Blockkonfrontation bewährtes Fundament der Kooperation zerstört.

Unsere Solidarität gilt der Ukraine und ihren Menschen. Sachsen-Anhalt hat im Rahmen seiner Verantwortung und Zuständigkeit Hilfe angeboten, vor allem für Geflüchtete, und wird dies auch weiterhin tun. Die seitens der Europäischen Union verhängten Sanktionen gegen Russland waren als deutliches Zeichen nötig, dass das militärische Vorgehen Russlands nicht toleriert wird.

Mit Sorge betrachten sowohl die Landesregierung als auch die Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft und wirtschaftsnaher Institutionen in Sachsen-Anhalt sowie die Kommunen  auch die mit der kriegerischen Auseinandersetzung verbundenen Folgen für unser Land.

Deutschland sieht sich einer instabilen Versorgung mit Erdgas gegenüber. Die massiven Steigerungen der Bezugspreise für Erdgas und Strom gefährden die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen ebenso, wie sie für die Bürgerinnen und Bürger eine in vielen Fällen kaum zu bewältigende Mehrbelastung darstellen. Auch die Haushalte des Landes und der Kommunen werden von den Preissteigerungen stark getroffen.

Vor dem Hintergrund der aus technischer Sicht nicht nachvollziehbaren Drosselung der Erdgaslieferungen durch Nord Stream 1 durch Russland sind die Herausforderungen an eine sichere Gasversorgung im kommenden Winter in allen europäischen Staaten außerordentlich hoch. Es gilt, die Anstrengungen für eine Ersatzbeschaffung für die zu erwartenden ausfallenden Liefermengen zu forcieren, z.B. LNG. Gleichzeitig sind Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz oder der Einsparung des Bedarfes von Erdgas zügig umzusetzen.

Aufgrund der rechtlichen Gegebenheiten steht der Bund in erster Linie in der Pflicht, alles in seinen Möglichkeiten Stehende zu unternehmen, um die Wirtschaft sowie die Bürgerinnen und Bürger in dieser für die wirtschaftliche Entwicklung und den gesellschaftlichen  Zusammenhalt herausfordernden Situation zu entlasten.

Die Landesregierung wird sich weiterhin auf Bundesebene dafür einsetzen und den Bund dabei unterstützen, geeignete Instrumente zu entwickeln und umzusetzen, damit Wirtschaft, Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürger gesichert und finanzierbar in den nächsten Monaten und Jahren mit Energie versorgt werden können. Dazu gehört auch, dass der Bund sein Maßnahmenpaket wie Liquiditätshilfen, Bürgschaftsprogramme, Steuerentlastungen und Zuschüsse für besonders betroffene Unternehmen unbürokratisch und zeitnah umsetzt.

Nur so kann eine tiefgreifende und anhaltende Krise vermieden werden.

Die zuständigen Genehmigungsbehörden in Sachsen-Anhalt werden durch prioritäre und unbürokratische Entscheidungen Maßnahmen von Unternehmen begleiten, um die Energieversorgung zu sichern, etwa durch den Umstieg von Gas auf alternative Energieträger (sogenannter Fuel-Switch). Zugleich wird auch das Land Maßnahmen ergreifen, um Energie zu sparen.

Daneben ist der Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien eine wichtige Säule zur Energiesicherheit in unserem Land und ein wichtiger Standortfaktor für die Wirtschaft hin zu einer klimaneutralen Kreislaufwirtschaft. Schon heute beflügelt der in Sachsen-Anhalt erfolgreich umgesetzte Ausbau der Erneuerbaren Energien die Sicherung und Schaffung neuer Arbeitsplätze.

Zudem können alle – Politik, Unternehmen, Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürger – ihren Beitrag leisten, indem Energie gespart wird, insbesondere Erdgas. Die Beteiligten an der heutigen Gesprächsrunde werden in ihrem jeweiligen Wirkungskreis die Einsparmöglichkeiten definieren und im Rahmen der technischen Machbarkeit umsetzen. Damit tragen wir alle dazu bei, dass die Gasspeicher in Deutschland ausreichend gefüllt sein können, um im Winter die erforderlichen Mengen an Erdgas für Wirtschaft und Bevölkerung vorrätig zu haben.

Sollte die Bundesregierung gezwungen sein, die dritte und letzte Stufe im Notfallplan Gas auszurufen, wird die Bundesnetzagentur als Bundeslastverteiler für die Zuteilung von Erdgas verantwortlich. Die Landesregierung erwartet in diesem Fall eine frühzeitige Information über die Verfahren, Zeitabläufe und Kriterien für die Verteilungsentscheidungen, um die Betroffenen in die Lage zu versetzen, sich darauf einstellen zu können. Viele energieintensive Betriebe in Sachsen-Anhalt sind nicht nur unmittelbar betroffen, sondern haben als Hersteller für Vor- und Endprodukte mit hoher Bedeutung für die Gesamtwirtschaft eine Systemrelevanz. Daher erwarten wir, dass im Falle einer Gasnotlage bei der Entscheidung über die Verteilung neben direkten Auswirkungen auch die mittelbaren Folgen berücksichtigt werden. Dies gilt auch mit Blick auf Unternehmen, die aus prozesstechnologischen Gründen auf eine uneingeschränkte Gasversorgung angewiesen sind, da ansonsten wertvolle Produktionsanlagen zerstört werden könnten. Die Verteilungsentscheidung der Bundesnetzagentur muss seitens des Bundes politisch getragen werden. Die Landesregierung appelliert an die Bundesregierung, sich die Entscheidung besonders gelagerter Einzelfälle vorzubehalten.

Sachsen-Anhalt, Deutschland und Europa stehen vor einer historischen Bewährungsprobe. Wir haben gezeigt, dass wir große Herausforderungen solidarisch bestehen können. Mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung aller Beteiligten kann uns das auch jetzt gelingen.

Quelle: Staatskanzlei Sachsen-Anhalt