Handwerk im Portrait Renaissance trifft auf Moderne

Das Unternehmen Trothe Optik präsentiert sich modern und traditionsbewusst in Halles ältestem Renaissance-Geschäftshaus.

Die Geschwister Kristian Kloevekorn-Norgall und Ulrike Kloevekorn-Fischer führen Trothe Optik seit 2015.
Die Geschwister Kristian Kloevekorn-Norgall und Ulrike Kloevekorn-Fischer führen Trothe Optik seit 2015. Foto: Handwerkskammer Halle

Wer in Halle von der Hauptpost in die Große Steinstraße in Richtung Markt einbiegt, einige Meter  läuft und dann die Straße hinunterblickt, dem fällt wahrscheinlich ein schmales Haus mit einer breiten Fensterfront im unteren Bereich auf. Die Fensterfront wird durch die Leuchtreklame getrennt, die in elf Lettern verkündet, wer hier zu finden ist: Trothe Optik. Der Augenoptikerbetrieb ist der drittälteste existierende Betrieb seiner Branche weltweit. Seit 2021 ist das Unternehmen im Dürerhaus nahe des halleschen Marktplatzes zu finden. Die Ausgestaltung des neuen Standortes präsentiert das, was das Unternehmen auszumachen scheint: Tradition und Moderne werden hier miteinander verbunden.

„Zehn Prozent Tradition und neunzig Prozent Innovation.“

Kristian Kloevekorn-Norgall

„Zehn Prozent Tradition und neunzig Prozent Innovation“, sagt Kristian Kloevekorn-Norgall und es scheint, lernt man Trothe Optik ein klein wenig näher kennen, eine pointierte Unternehmensphilosophie zu sein. Gemeinsam mit seiner Schwester Ulrike Kloevekorn-Fischer führt der 47-Jährige seit 2015 den Betrieb. Seitdem sie das Ruder übernommen haben, suchten die beiden Diplom-Ingenieure für Augenoptik ein passendes Objekt, um die drei Standorte des Unternehmens – zwei Ladengeschäfte und ein Kontaktlinsenzentrum – unter einem Dach zu vereinen. Mit dem Dürerhaus wählten die Geschwister eines der ältesten Gebäude der Stadt aus, das 1520 erbaut wurde. Für den Umbau und die Sanierung des denkmalgeschützten Hauses wählten sie nur regionale Unternehmen aus – angefangen beim Architekten bis hin zu Handwerksbetrieben wie die Tischlerei Lilie, die Tittel GmbH und die Metallwerkstatt Jörg Otto.

Art-déco im modernen Ambiente

Das Renaissancehaus begrüßt nun die Kunden im Erdgeschoss mit einem neuen hellen Eingangsbereich. Wer den Laden betritt, sieht zunächst nur wenige Brillen, doch je weiter ein Kunde in den Laden geht, desto mehr Gestelle präsentieren die facettenartigen Regale. Der Kundenbereich in der ersten und zweiten Etage ist mit einer Treppe verbunden, die vor dem Umbau nicht existierte. In den hellen, modernen Räumen finden sich immer wieder restaurierte Möbel im Art-déco-Stil, die der Urgroßvater Erich Norgall 1928 anschaffte, und die bis 1997 verwendet wurden. „Die Möbel waren nun fast 25 Jahre lang eingemottet. Wir haben die Seele des Hauses mitgenommen und sie hier verbaut“, erklärt Kristian Kloevekorn-Norgall.

Die Außenfassade des Dürerhauses.
Die Außenfassade des Dürerhauses. Foto: Trothe Optik

Wenn man mit Kristian Klovekorn-Norgall spricht, hört man den Stolz auf die Geschichte des Betriebes und das Handwerk heraus. Trothe Optik, 1817 von Wilhelm Trothe gegründet, erlebte immer wieder Transformationen, ging mit der Zeit und dem medizinischen Fortschritt. Ab 1928 lagen die Geschicke des Unternehmens allein in den Händen von Erich Norgall. Sein Enkel Dietrich Kloevekorn-Norgall trat 1969 in seine Fußstapfen, der wiederum an seine Kinder Kristian und Ulrike 2015 den Betrieb abgab.

Dass das Handwerk bei Trothe Optik groß geschrieben wird, lässt sich in der ersten Etage beobachten. Augenoptikerinnen schleifen Brillengläser und arbeiten sie in die Gestelle ein. So kann auf individuelle Wünsche eingegangen werden, wie etwa neue Gläser in alte Fassungen einfügen. Der Betrieb mit 14 Mitarbeitern bietet neben traditionellem Handwerk auch eines der modernsten Optometrie-Zentren bundesweit. Die Behandlung medizinischer Spezialfälle steht dadurch im Fokus von Trothe Optik. Das macht sich auch im Kundenstamm bemerkbar. „Durch unsere Spezialisierung kommen auch Kunden etwa aus Frankfurt am Main und dem östlichen Niedersachsen zu uns“, so der Kristian Kloevekorn-Norgall.

Medizinische Spezialfälle

Die Optometristen des Unternehmens können durch ihre Ausbildung und mithilfe von modernen Messgeräten Spezialfälle untersuchen. Durch ein Screening werden etwa Irritationen und Deformationen der Hornhaut sichtbar, die durch Verletzungen oder Erkrankungen entstanden sind. Die genauen Werte sind wichtig, um Spezial-Kontaktlinsen anzufertigen.

„Wir appellieren daher immer als Erstes an die Vernunft der Eltern und raten: Schickt Eure Kinder ins Freie.“

Kristian Kloevekorn-Norgall

Trothe Optik investierte auch in biometrische Mess- und Analysegeräte für das sogenannte Myopie-Management. Immer mehr Kinder und Jugendliche sind kurzsichtig – Tendenz steigend. Durch zu wenige Aufenthalte im Freien und durch zu viel Zeit am Smartphone, Tablet oder vor dem Computer werden die Augen nur für kurze Distanzen trainiert. Das Problem: Wer früh eine Kurzsichtigkeit (Myopie) entwickelt, kann immer kurzsichtiger werden. Je älter man wird, desto größer kann der Augapfel und desto dünner die Netzhaut werden. Die Gefahr von Augenerkrankungen wächst. „Wir appellieren daher immer als Erstes an die Vernunft der Eltern und raten: Schickt Eure Kinder ins Freie“, sagt Kristian Kloevekorn-Norgall. Durch die Analysegeräte kann die Veränderung der Augenlänge etwa gemessen werden. „Dadurch können wir umfassend aufklären und beraten“, so Kristian Kloevekorn-Norgall. Trothe Optik hat sich im Dürerhaus ein modernes Domizil geschaffen, das medizinischen Fortschritt und Tradition miteinander verbindet.

Beitrag aus der DHZ 8/2023: Regionalseiten der DHZ